Gesammeltes neu gesampelt

 

Kunst-Installationen Garage an der Schanz und Hirschensaal

 

Was in Haettenschweilers Atelier keinen Platz fand, stapelte der unermüdliche Sammler bald in seiner legendären Garage an der Schanz.

Sohn Samuel, selber Künstler, teilt diese Leidenschaft und bespielt die Garage an der Schanz 2 mit Collagen, die er zusammen mit der Fotografin Claudia Breitschmid Schicht für Schicht aus der umfassenden Sammlung von Ausgaben der Zeitschrift «National Geographic» abgetragen hat.

Im benachbarten Hirschensaal an der Zeughausstrasse 9 entführt der Grafiker und Illustrator David Haettenschweiler die Besuchenden ins Universum seines Vaters: mit einer dreidimensionalen Visualisierung seines Ateliers und einer Animation seines Schaffens auf der einen und seiner Sammlungen auf der anderen Seite.

garage schanz2

 

 

  • Gestapeltes Glück

    Walti hatte schon von Kindsbeinen an die Gabe, all die Dinge, die ihm in die Hände fielen oder am Ende vom Tag übrig blieben, nicht einfach wegzuschmeissen. Egal, welcher Art diese Dinge waren – sie mussten alle wieder irgendwo eingefügt und verwertet werden. Ein tolles Konzept, das den Ideenfluss von Walti immer wieder von neuem nährte.

    Früher oder später landeten sie alle in seiner Garage – fein säuberlich aufgereiht am Rand: Alltagsgegenstände vom Eimer bis zum Bauhelm, prall gefüllte Plastik- oder Jutesäcke, Holzbretter, teils bemalt, Wellkartons, Aluminium- und Glasplatten, Plakat-Ständer, Fischerruten, Schaufeln und Besen, Backsteine, Klappstühle, Taschen, Koffer, leere Zigarrenschachteln, Zeitschriften, Leinwände, Werkzeuge, ein Fussball und viele andere Objekte mehr. Alles angeordnet wie in einem Spiel, weil das Eine dem Anderen standhalten musste. Wenn sich ein Stück aus dem obersten Stapel löste, ging alles krachend zu Boden, wie beim Domino. Was mich immer wieder an dieses wunderbare Video von Fischli/Weiss erinnert: «Der Lauf der Dinge».

    Zwischen diese kunstvollen Stapel an allen drei Wänden musste in der Garage auch noch ein Auto passen: der von Walter heiss geliebte, breit gebaute, silberne Audi, ein älteres Modell mit V8-Motor. Das war nicht so einfach, denn die Ausfahrt, die in eine enge Gasse alter Häuser führte, war ziemlich verwinkelt.

    Man musste ihn langsam aus der Garage winken und lotsen, gerne auch mit Hilfe von verständnisvollen Passanten, damit das silberne Gefährt nicht die kunstvoll aufgetürmten Stapel an der Wand touchierte. Dies gelang natürlich nicht immer, und der schnittige Audi wurde immer wieder lädiert, so dass er des öfteren zur Reparatur in die Werkstatt musste. Und nach jeder Havarie bauten wir Kinder, die Passanten und Walti selbst seine Türme mit viel Gelächter und Gefluche wieder auf. Szenen, die mich an den Slapstick in den unvergesslichen Filmen von Charlie Chaplin erinnern.

    Erst viel später kam mir die Idee, die gestapelten Objekte an den Wänden zu fotografieren und damit eine Postkarten-Serie zu gestalten. Mein Vater hat meine Garagenbilder, die ich 2011 mit Simone di Gallo fotografiert habe, noch mit eigenen Augen gesehen. Und es hat ihn ziemlich erstaunt, dass die gesammelten und gestapelten Dinge in seiner Garage plötzlich als Kunst geadelt wurden. Denn für ihn als Gestalter, Künstler und begnadeter Handwerker waren dies einfach wiederverwertbare Alltagsgegenstände. Und so fasste er seine Reaktion auf die Postkarten-Serie mit einem Begriff zusammen, den der leidenschaftliche Tennisspieler vom Sport kannte: «unwanted luck».


    Sasha Haettenschweiler
    Künstlerische Projektleitung

  • Samuel Haettenschweiler

    Samuel Haettenschweiler wurde 1976 in Zug geboren und lebt heute in Zürich. Er schloss sein Master in Contemporary Arts Practice an der Berner Hochschule der Künste 2022 ab. Seine Praxis umfasst Skulptur, Assemblagen mit gefundenen Objekten, Fotografie und großformatige Installationen im öffentlichen Raum.2022 wurde er für das Copenhagen Photofestival nominiert und erhielt das Zentralschweizer Atelierstipendium in New York (2024). 2021 war Haettenschweiler für einen dreimonatigen Atelieraufenthalt in Reykjavik. Er stellte in der Schweiz unter anderem im Kunsthaus Zug, Kunsthaus Pasquart, Photoforum Biel, Kunsthaus Langenthal, Stadtgalerie Bern,Musée jurassien des Arts, Moutier, aus.
    Des Weiteren realisierte er verschiedene Projekte im öffentlichen Raum. 2008, 2009 und 2010 engagierte ihn die Stadt Zürich für mehrere ortspezifische, partizipatorische Kunstprojekte. International war seine Arbeit in derCulterim Gallery – Berlin (DE), Galerie SIM Korpúlfsstaðir – Reykjavik (ISL) und imCultural Centre Struga (MKD) zu sehen.
  • Claudia Breitschmid

    Claudia Breitschmid (1983, Aarau) ist eine in Zürich lebende Künstlerin. Geleitet von einem Interesse an Geschichte und Erinnerungsprozessen umfasst ihre Praxis Fotografie, Video, Medienskulptur und Installation. Sie untersucht, wie Ansichten und Wissen kollektiv geformt werden. Sie studierte in Vevey, Zürich und Göteborg Fotografie und schloss 2015 den Master in Contemporary Arts Practice an der Berner Hochschule der Künste ab.
    2022 wurde Breitschmid mit dem CS Förderpreis, im Rahmen der "Auswahl 22" im Aargauer Kunsthaus ausgezeichnet und erhielt einen Projektbeitrag vom Aargauer Kuratorium. 2021 war sie für vier Monate in Reykjavik für einen Atelieraufenthalt, ihr Essayfilm „Entsammlung“ wurde vom Prix Photoforum mit spezieller Erwähnung ausgezeichnet und sie erhielt ein Corona Arbeitsstipendium der Stadt Zürich. Ihre Arbeiten wurden in Ausstellungen in der Schweiz und international gezeigt.
  • David Haettenschweiler

    David Haettenschweiler 1975* Ausbildung als Grafiker in Zürich mit Lehre im Studio für Werbung , abgeschlossen 2001 Danach als Grafiker in verschiedenen Anstellungsverhältnissen bis 2010 ab 2011 Selbsständig als Grafiker und Illustrator ab 2018 Weiterbildungen in 3D Design und Motion Design an der SAE und EBZ danach und seither freischaffender in der 3D Welt mit Illustration und Animation zu hause.
     
 

Die Installationen sind zu folgenden Zeiten für das Publikum geöffnet und werden auf den Stadtführungen besucht.

Donnerstag, 9. März 2023
16.30 - 20.00
Freitag, 10. März 2023
15.00 - 19.00
Samstag, 11. März 2023
13.00 - 17.00
Sonntag, 12. März 2023
13.00 - 17.00
Freitag, 17. März 2023
15.00 - 19.00
Samstag, 18. März 2023
13.00 - 17.00
Sonntag, 19. März 2023
13.00 - 17.00
 
 
 
 
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